image

Verlustabzug bei Kapitalgesellschaften

 

Beschränkung des Verlustabzugs bei Kapitalgesellschaften teilweise verfassungswidrig.

Mit seinem Beschluss vom 29. März 2017 (Az. 2 BvL 6/11) hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) die Regelung des § 8c Satz 1 KStG in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 sowie die wortlautidentische Nachfolgeregelung des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG bis zum 31.12.2015 für nicht mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar und mithin für verfassungswidrig erklärt.

Die Regelung des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG sieht vor, dass nicht genutzte Verluste einer Kapitalgesellschaft anteilig verloren gehen, wenn innerhalb von fünf Jahren mehr als 25% (aber nicht mehr als 50%) des gezeichneten Kapitals der Kapitalgesellschaft auf einen Erwerber übergeht (sog. schädlicher Beteiligungserwerb).

Das BVerfG beurteilt die Wirkung dieser Regelung, welche die Möglichkeit der Verlustnutzung einer Kapitalgesellschaft und damit allgemein die Bestimmung ihrer steuerpflichtigen Einkünfte berührt, als Abweichung vom allgemeinen Grundsatz der Steuergerechtigkeit bzw. des Leistungsfähigkeitsprinzips. Sachliche Rechtfertigungsgründe für die divergierende Behandlung der von einem schädlichen Beteiligungserwerb betroffenen Kapitalgesellschaften sind nicht ersichtlich, so dass die Regelung bereits dem Maßstab des Willkürverbots nicht standhält. Wenngleich der intendierte Zweck der Norm im Sinne der Vermeidung unerwünschter steuerlicher Gestaltungen durchaus geeignet sein mag, um eine entsprechende Ungleichbehandlung zu stützen, hat der Gesetzgeber im Rahmen der Gestaltung dieser Vorschrift den zulässigen Rahmen der Typisierung überschritten. Denn ausgehend allein von einem schädlichen Beteiligungserwerb könne nicht zwingend auf einen Gestaltungsmissbrauch in Form der Nutzbarmachung dieser Verluste für ein Unternehmen des Erwerbers der Anteile geschlossen werden, da vielfältige Gründe abseits der steuerlichen Gestaltung hierfür ausschlaggebend sein können.

Auch führt ein schädlicher Beteiligungserwerb im Umfang dieser Norm nicht zu einem Verlust der wirtschaftlichen Identität der Kapitalgesellschaft, so dass auch aus dem Prinzip der Identität von verlusterleidendem und -nutzendem Subjekt keine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung hergeleitet werden könne. Erst eine Mehrheitsbeteiligung könnte dem Erwerber einen entsprechenden Einfluss vermitteln. Für die wirtschaftliche Identität der Kapitalgesellschaft ist in einem solchen Fall allerdings entscheidend, wie dieser Einfluss schließlich ausgeübt wird.

Der Gesetzgeber wurde durch das BVerfG nun zur Nachbesserung aufgefordert um die festgestellte Verfassungswidrigkeit rückwirkend zum 01.01.2008, d.h. zum Zeitpunkt des erstmaligen Inkrafttretens, zu beseitigen. Kommt er dieser Aufforderung bis zum 31.12.2018 nicht nach, ist die Regelung des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG rückwirkend zum 01.01.2008 nichtig.

Um die Nichtigkeit der Norm und damit einhergehend empfindliche Steuerausfälle zu vermeiden, ist eine Reaktion des Gesetzgebers zur Anpassung der gesetzlichen Norm in der kommenden Legislaturperiode überaus wahrscheinlich. Die gesetzliche Neuregelung ist so dann auf alle noch nicht bestandkräftigen Fälle anzuwenden. Um hiervon profitieren zu können, sind diese dementsprechend offen zu halten. Daneben sollten aber auch nicht explizit von dem Beschluss des BVerfG betroffene Fälle des Veranlagungszeitraums 2016 bzw. solche auf welche § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG anzuwenden war, offen gehalten werden. Letzterer Punkt betrifft den Übergang von mehr als 50% des gezeichneten Kapitals einer Kapitalgesellschaft innerhalb von fünf Jahren auf einen Erwerber, was sogar zu einem vollständigen Verlustuntergang führt. Wir unterstützen Sie hierbei gerne.