Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil vom 17. Dezember 2014 (1 BvL 21/12; DStR 2015, S. 31) die bisherige Ausgestaltung der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Verschonung von Betriebsvermögen durch §§ 13a, 13b ErbStG als nicht mit dem Grundgesetz vereinbar beurteilt. Mit der Zustimmung des Bundestags am 29. September 2016 und schließlich des Bundesrats am 14. Oktober 2016 wurde das „Gesetz zur Anpassung des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des BVerfG (ErbStRG)” verabschiedet. Die Regelungen treten rückwirkend zum 01. Juli 2016 in Kraft und sind damit auf Vermögensübertragungen nach dem 30. Juni 2016 anzuwenden. Wir erklären Ihnen die Eckpunkte der neuen Rechtslage.

Die angedachte Neuregelung knüpft grundsätzlich an die bekannten Begünstigungsmodelle an. Die Regelverschonung sieht damit weiterhin eine Begünstigung von 85%, die Optionsverschonung eine Begünstigung von 100% des steuerlichen Wertes des übertragenen Betriebsvermögens vor. Zentrale Einschnitte ergeben sich allerdings im Hinblick auf die Wirkung des grundsätzlich nicht begünstigten Verwaltungsvermögens, dessen Umfang nun weiter gefasst ist, was sich beispielsweise hinsichtlich der Beurteilung der Finanzmittel zeigt. Während der bisherige Umgang mit dem Verwaltungsvermögen im Wesentlichen einer Fallbeilregelung glich, ist die Neuregelung nun deutlich differenzierter ausgestaltet. Verwaltungsvermögen partizipiert demnach künftig grundsätzlich nicht mehr an der steuerlichen Verschonung, welche in diesem Sinne lediglich auf das begünstigungsfähige Vermögen angewendet wird. Ausnahmen von dieser Differenzierung finden sich lediglich in den Grenzbereichen des Kontinuums der Verwaltungsvermögensquote.

Neuregelung der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Begünstigung von Betriebsvermögen

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Im Ergebnis zeigt sich tendenziell, dass bedingt durch die eben beschriebene Differenzierung Unternehmen mit einer Verwaltungsvermögensquote zwischen 10% und 50% durch die Neuregelung schlechter gestellt werden, korrespondierend aber solche mit einer Verwaltungsvermögensquote zwischen 50% und 90% eine Besserstellung erfahren.

Für die Bestimmung der Verwaltungsvermögensquote ist künftig auf eine konzernweite Gesamtbetrachtung (sog. Verbundvermögensaufstellung) abzustellen, wodurch Kaskadeneffekte bei mehrstufigen Unternehmensstrukturen künftig unterbunden werden.

Anders als bislang ist die Anwendung der Verschonungsregelungen grundsätzlich nur bei einem Erwerb von begünstigtem Vermögen von bis zu 26 Mio. Euro möglich. Darüber hinaus ist auf Antrag des Steuerpflichtigen die Begünstigung zwar weiterhin anwendbar, allerdings erfährt sie eine stetige Abschwächung. Demnach sinkt ab einem Erwerb von begünstigtem Vermögen in Höhe von 26 Mio. Euro der gewährte Abschlag für jede 750.000 Euro um einen Prozentpunkt. Dies führt dazu, dass im Falle der Regelverschonung ab einem begünstigten Vermögen von 89,75 Mio. Euro keine Begünstigung mehr erfolgt. Für die Optionsverschonung wird die Begünstigung hingegen ab einem Erwerb ab 90 Mio. Euro vollständig gekappt. Hinsichtlich der Beurteilung ob ein solcher Großerwerb vorliegt, werden die Erwerbe von begünstigtem Vermögen innerhalb derselben Personenkonstellationen über einen Zeitraum von zehn Jahren zusammengerechnet.

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Alternativ zur Anwendung der abschmelzenden Begünstigung, ist dem Steuerpflichtigen im Fall eines Großerwerbs auf seinen Antrag hin die sich ergebende steuerliche Belastung zu erlassen, sofern er nachweisen kann, dass er diese nicht aus seinem „verfügbaren Vermögen“ begleichen kann. Die erforderlichen Voraussetzungen lehnen sich hierbei an diejenigen der Optionsverschonung an.

Neben dem Umfang des Verwaltungsvermögens und der Höhe des erworbenen Vermögens spielt auch weiterhin die Entwicklung der Lohnsumme – als Indiz für die Erhaltung von Arbeitsplätzen – eine gewichtige Rolle zur Nutzung der dargelegten Begünstigungen. Waren allerdings bislang Unternehmen mit bis zu 20 Arbeitnehmers von der Nachweispflicht der Lohnsummenentwicklung befreit, wurde diese Schwelle nun auf fünf Arbeitnehmer gesenkt. Für Unternehmen mit bis zu 15 Beschäftigten gelten allerdings abgeschwächte Kriterien.

Weitere Neuerungen betreffen Familienunternehmen, welche in Abhängigkeit der Ausgestaltung der satzungsmäßigen Abfindungsregelungen einen vorgelagerten Wertabschlag von bis 30% beanspruchen können. Ebenfalls neu ist die steuerliche Begünstigung von Mitteln, welche durch den Erblasser zur Investition in begünstigtes Vermögen vorgesehen sind, sofern die Umsetzung dieser Investition innerhalb von zwei Jahren nach der Steuerentstehung erfolgt.

Schließlich findet eine Anpassung zur Berücksichtigung des gegenwärtig niedrigen Zinsniveaus zusammenhängend mit der Bewertung des Betriebsvermögens im Rahmen des vereinfachten Ertragswertverfahrens statt, wodurch die resultierenden Unternehmenswerte auf ein realistischeres niedriges Maß gebracht werden. Diese Änderung wirkt rückwirkend bereits zum 01. Januar 2016.